Freiflächen-Photovoltaik – das Soll in der Region Heilbronn-Franken ist erfüllt

Kommentar von Dr. rer. agr. Brunhilde Bross-Burkhardt

Kommunen und weitere Akteure übertreffen sich derzeit mit Aktivitäten zur Ausweisung von Freiflächen-Photovoltaik und Solarparks. Gemeinden erstellen Kriterienkataloge, Projektierer*innen beknien Grundstücksbesitzer*innen, ihre Äcker und Wiesen für die Freiflächen-Photovoltaik herzugeben. Es herrscht Goldgräberstimmung! Schließlich sollen die Unmengen von Photovoltaik-Modulen, die auf dem Markt sind, irgendwo verbaut werden. – Gut so, meinen die Einen. Klimaschutz steht über allem! Doch ich melde Bedenken an und fordere, erst einmal einen Schritt zurückzutreten und die Folgen einer forcierten Ausweisung zu bedenken.

Gravierende Auswirkung auf die Agrarstruktur
Der rasche Ausbau (beziehungsweise lediglich die Projektierung) der Freiflächen-Photovoltaik hat nämlich weitreichende Folgen für die Agrarstruktur in landwirtschaftlich geprägten Regionen. Pachtpreise und Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen steigen.
Äcker und Wiesen werden mancherorts zum raren und teuren Gut, bedingt auch durch Siedlungs- und Gewerbebau. Ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb kann die hohen Pachtpreise oft nicht mehr aufbringen und muss womöglich aufhören. (Dazu muss man wissen, dass landwirtschaftliche Betriebe nicht nur eigenes Land, sondern auch Pachtflächen bewirtschaften, über die sie nicht verfügen können. Häufig macht der Anteil der Pachtfläche mehr als die Hälfte aus.) Ursache für den Run auf die landwirtschaftlichen Flächen ist, dass sich mit Photovoltaik eine höhere Rendite erzielen lässt als mit dem Anbau von Weizen, Raps oder Mais. Auch Biolandwirte, die wie alle anderen ebenfalls Pachtland bewirtschaften, haben bei der Konkurrenz um die Fläche das Nachsehen. Höhere Pachtpreise müssen die Bauern zunächst einmal erwirtschaften.

Vor weiterer Projektierung Flächenbilanz ziehen
Nach meiner Einschätzung ist Übereifer beim Planen von Freiflächen-Photovoltaik (FFPV) fehl am Platz. Denn in manchen Regionen wie beispielsweise in der Region Heilbronn-Franken wird das Ausbauziel nach dem Solarpaket 1 der Bundesregierung mit laufenden Solarpark-Projekten bereits jetzt erreicht.

Eine weitere Projektierung und Ausweisung von Flächen auf Wiesen und Äckern ist demzufolge in der Region derzeit nicht nötig. Auch die privilegierte Ausweisung entlang von Autobahnen und zweispurigen Bahnlinien, die das neue Gesetzespaket vorsieht, wäre nicht mehr nötig. In anderen Regionen Deutschlands dürfte die Situation ähnlich sein. Zumal die Stromnetze so schnell gar nicht ausgebaut werden können und der Strom ohnehin nicht überall und nicht sofort ins Stromnetz eingespeist werden kann (und in Spitzenzeiten bereits zu viel Strom aus Erneuerbaren produziert wird). Da sollte vor weiteren Planungen auf kommunaler, regionaler und Landesebene eine Flächenbilanz gezogen und dabei die Stromnetze mit bedacht werden. So ließe sich vermeiden, dass ausufernd überall Freiflächen-Photovoltaik-Projekte (FFPV) gestartet werden, die womöglich wegen fehlender Einspeisemöglichkeit ins Netz doch nicht oder mit langer Verzögerung verwirklicht werden können. So ist es bei einer bereits vor zwei Jahren genehmigten FFPV-Anlage in meiner Gemeinde, bei der sich der Anschluss an den Einspeisepunkt als schwierig und kostspielig gestaltet; das nötige Umspannwerk muss erst gebaut und das Kabel unterirdisch über viele Kilometer und durch einen tiefen Taleinschnitt dorthin geführt werden. Die hohen Kosten für den Netzausbau werden sehr wahrscheinlich auf die Stromkunden umgelegt.

Letztlich geht es doch um eine möglichst effektive Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien und nicht darum, Wiesen und Äcker mit Photovoltaikmodulen zu belegen – zum Nutzen einer kleinen Gruppe von Photovoltaik-Profiteuren. Der Druck auf die Fläche – der „Flächenfraß“ oder, wie es jetzt heißt, die „Flächeninanspruchnahme – darf nicht weiter forciert werden.

So schätze nicht nur ich als Privatperson (und gänzlich ohne eigenwirtschaftliche Interessen) die Situation ein; ich befinde mich in guter Gesellschaft: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz deckelt aus solchen (und womöglich weiteren) Überlegungen heraus im Solarpaket 1 die Fläche für FFPV. Demnach (Stand 16.08.2023) soll der zusätzliche Zubau von Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auf ein Maximum von 80 Gigawatt bis 2030 beschränkt werden. Ausgehend von diesen 80 Gigawatt ergibt sich bei einer Leistung von 1 Megawatt pro Hektar ein Bedarf von ca. 80.000 Hektar bundesweit. Und das wiederum entspricht ca. 0,2 Prozent der Gesamtfläche der Bundesrepublik. In einem weiteren Ausbauschritt würde das Jahrzehnt bis 2040 geplant.

Kategorie: Allgemein
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